Saturday 27 August 2011

Warten auf "Le Havre" ...





"Le Havre", ein Film von Aki Kaurismäki, ab 8.9. im Kino. 



Friday 26 August 2011

Achtung: Kochendes Blut!


In der Bäckerei sind es gefühlte achtzig Grad. Um fünf Uhr früh fängt man an. Erst werden Waren ein- und ausgeräumt, dann wird gebacken, aufgetaut und wieder gebacken. Hefezöpfe, Schokocroissants, Dinkelbrötchen, Apfelecken und Käselaugenstangen füllen nach und nach die hell erleuchteten Theken. Brötchen müssen belegt werden. Mit Pute, Käse, Salami (auch in helal-qualität aus Geflügel!), Cammenbert, Mozzarella. Der Boden wird gekehrt, es wird ein wenig gespült, Salate werden gewaschen, Tomaten geschnitten und wieder wird gebacken. Es ist erst 6 Uhr, der Tag liegt noch lang und schwer vor einem, das Ende lässt sich kaum erahnen. Wäre da nicht diese kleine Verschnaufpause! Bevor die nächsten Kunden den Laden stürmen und eine Theke nach der anderen auf der Suche nach zufriedenstellenden Kohlenhydraten plündern, nimmt man sich die Kollegin ("Kommst du kurz rauchen? Los, schnapp dir deine Jacke") für eine Zigarette oder zwei. Schön kühl ist es draußen, herrlich frisch. Also setzt man sich auf die Stühle des noch geschlossenen italienischen Eis-Cafes gegenüber, zündet sich eine an und seufzt leise. Ein bisschen in die Dämmerung starren. So lässt sich die Arbeit doch gleich viel besser verkraften, oder? Ein kurzes Lachen und dann ein solidarisches Nicken. Ja, sehr viel besser sogar.

STOPP!
Es tut mir leid mich an dieser idyllischen Stelle äußern zu müssen aber ihr habt Jemanden vergessen!
Wen denn? 
Na, mich natürlich!

Mal von Anfang an: In der Bäckerei sind es gefühlte achtzig Grad. Um fünf Uhr früh bin ich aufgestanden, um kurz vor sechs erwische ich einen Kunden im Laden wie er sich eine frisch gebackene Mini-Pizza mit der Hand aus der Theke fischt und diese - aus welchen Grund auch immer - wieder rein legt. Ich muss geduldig erklären, dass dieses Verhalten leider inakzeptabel ist (dafür sind die Selbstbedienungs-Zangen da!) und wir die Mini-Pizza in jedem Fall wegwerfen müssen da sich durch die kleinste Berührung mögliche übertragene Bakterien auf die anderen Backwaren verteilen könnten. Ein wenig rumdisskutieren, Berliner eintüten, dasselbe mit den tief gefrorenen Quarkbällchen tun, den Laden kehren, Kassieren, dann setzt die erste Kaffeemaschine aus. Schläuche ausbauen, reinigen, Ersatzteile einbauen. Aber wo sind die Ersatzteile? Immer zwischendurch: "Möchten Sie Ihre Brötchen bezahlen? Ja, ich komme sofort! Hab garnicht bemerkt, dass Sie an der Kasse standen..." 
Um sechs Uhr sehe ich aus dem Augenwinkel meine zwei Kolleginnen das erste Mal rauchen gehen. Um sieben Uhr das zweite. Um acht das dritte. Um halb neun das vierte. Der Laden ist rappellvoll. Um zehn gehen sie zusammen mit der dritten, eben erst dazu gekommenen Kollegin ("Wenn ich zurückkomme, gebe ich dir deine Pause, ok?"). Sie kommt tatsächlich zurück und ich bekomme meine heiß ersehnten freien 10 Minuten! Welche Erleichterung! Nach 9 Minuten und fünfundfünfzig Sekunden werde ich gefragt ob ich "dann nicht wieder an der Kasse" sein könnte, "da hinten sind nämlich gerade die Brötchen ausgegangen..?". 

Kein Problem. 
Ich rauche ja nicht. 
Und fasten tue ich auch - wozu also unnötig rumsitzen?

Mein Blut kocht. 


Friday 12 August 2011

Einen gesegneten Ramadan! Ramadan Mubarak!




Auch wenn ich mich mit meinem Wunsch ein bisschen verspätet habe, der islamische Monat Ramadan hat ja schon am 1. August begonnen, so möchte ich ihn trotzdem aussprechen. Ich wünsche mir für alle Mitbürger und Mitbürgerinnen, dass sie mit viele schöne gemeinsame Momente im Fastenmonat erleben können. Momente der Freude beim Fastenbrechen nach Sonnenuntergang, Momente des Zusammengehörigkeitsgefühls bei Tageslicht.

Den Fastenden wünsche ich mir aber insbesondere (auch wenn es schlimm klingt!) Momente des Hungers, des Dursts, der Not und der Ernüchterung. Durch diese Gefühle kommen wir den Menschen näher, die tagtäglich Armut und Entbehrungen erleben müssen und dies nicht nur einen Monat, sondern sogar ein ganzes Leben lang. Mitgefühl und Disziplin zu entwickeln ist ist ein unausweichlicher Erster Schritt in Richtung Wohltat und Abgewöhnung schlechter Gewohnheiten.

Muslime Fasten für Ideale, welche Andersgläubigen, Atheisten und Nicht-gläubigen genauso am Herzen liegen. Deswegen sollte der Ramadan auch eine Zeit des Dialoges und der inter-religiösen Verständigung sein. Dass jeder Muslim außerdem und vor allem für Gott (t) fastet - das Gebot zu fasten repräsentiert ja schließlich eine der fünf Säulen des Islams - braucht er niemandem mitzuteilen. Darin spiegeln sich die zwei Ebenen des Islams wieder: die gesellschaftlich-soziale Ebene und der zutiefst persönliche Weg des Einzelnen. Jeder darf für sich selbst entscheiden, wo und wann diese miteinander verschmelzen. Ob im Dialog mit Fremden, ob beim Fastenbrechen mit Familie und Freunden oder beim Tarawih-Gebet in der Moschee in der großen Gemeinschaft. Dazu möchte ich noch einige Verse der Qur'ans  herausheben:    . 
"Und ich verehre nicht, was ihr verehrt habt, und ihr verehrt nicht, was ich verehre. Ihr habt eure Religion, und ich die meine." (Verse 4-6 der 109. Sura "Al-Kafirun")  
Die Sura "Al-Kafirun" wird oft übersetzt mit "die Ungläubigen". Dies ist jedoch eine falsche und irreführende Übersetzung. Im Hinblick auf die Geschichte kann man die Übersetzung damit erklären, dass frühere Muslime grundsätzlich davon ausgingen, dass alle, die keine Muslime waren, Ungläubige waren, d.h. keine Religion besaßen (die arabische Halbinsel war vor dem Einzug des Islams ja bekanntlich von Aberglauben und Esoterik dominiert). Heute sollte ein Muslim z.B. einen Christen nicht als "ungläubig" bezeichnen, denn dieser glaubt ja bekanntlich auch an Gott. Auch sollten Muslime mittlerweile in der Lage sein, andere Religionen oder Weltanschauungen wenn nicht schon als gleichwertig so wenigstens als gleichberechtigt anzuerkennen und zu respektieren. Im richtigen Kontext übermittelt die Sure eine sehr respektvolle und tolerante Einstellung, die jeder Gläubige wahren sollte. Im Namen dieser Sura wünsche ich also allen einen friedlichen und von Respekt geprägten Ramadan!

Bildschirmbetrachtung: "LOL"



Ein mulmiges Gefühl. Meine Ohren lassen sich von dem mir (leider immernoch!) fremden Französisch in einer mordsgeschwindigkeit davon tragen, meine Augen verfolgen Geschehen und Untertitel. Schnelle Blicke, hastige Küsse, explodierendes Gelächter. Nichts scheint auf die Bedürfnisse eines kranken, unzufriedenen, gelangweilten und ungeheuer wechsellaunigen Zuschauers einzugehen. Warum tue ich mir das an, denke ich so nebenbei. Ich lasse mir die volle Pubertät ins Gesicht klatschen, komprimiert in 103 Minuten, eine Achterbahn von Gefühlen (ich wollte doch nur einen Film gucken!). Und hierbei handelt es sich nicht nur um EINEN pubertirenden Jugendlichen, nein, es wird die gesamte Gefühlsskala einer GEMEINSCHAFT pubertierender, die Dynamik einer ganzen STUFE gleichaltriger Teenager dargestellt. Drogen, Sex und Partys gehören ebenso dazu wie teilweise erschreckend unreife Eltern die sich ihre Kinder zu, sagen wir, ungleichberechtigten Freunden gemacht haben. Die Grenze von Erziehendem und Zu-Erziehendem ist verschwommen. Die Haupfiguren scheinen sich mit eben diesem Thema besonders schwer zu tun. Das ist für die Eltern eine schwierige Situation, deswegen wird auch selbstverständlich nebenbei ein Joint geraucht.
Ich möchte den Film nicht ausschließlich kritisieren. Dass ich krank war, schließt ja nicht die Tatsache aus, dass ich nicht auch die raffinierten Aufnahmen, zarten Momente, die echten Gefühle hinter der spröden Fassade von Hauptfigur Lola (Christa Theret) oder die unerzwungene Eleganz der Stadt Paris wahrgenommen hätte. Nein. Wer glaubt ich habe kein Auge für eine gute Kameraführung, hübsche Schnittechnik, die schauspielerische Leistung der Akteure oder mir fehle es gar an Humor, der liegt falsch. Ich habe viele Szenen genossen und hin und wieder gelacht. Laut sogar! Das atemberaubende Tempo der Handlung riss mich mit und es war fast unmöglich an einigen bewegenden Stellen vor Rührung nicht auch ein bisschen zu weinen.
Trotzdem bezweifle ich, dass der Film "LOL" die Wirklichkeit widerspiegelt. Ich bezweifle auch, dass der Film die Wirklichkeit junger Menschen aus zweifellos reichen Familien an elitären, freizügig französischen Schulen zeigt. Dass er, wie am Ende eingeblendet wird, auf wahren Begebenheiten basiert, glaube ich. Dass diese dabei ein wenig zugespitzt wurden:, hoffe ich. Wer pubertierenden Personen ein Dach über dem Kopf bietet: Achtung Nachahmungseffekt!
"LOL (Laughing Out Loud)" Ein Film von Lisa Azuelos

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