Friday 7 October 2011

So primitiv.


Ich habe erfreuliche Nachrichten. Ich habe beschlossen, dass ich und mein ex-Arbeitgeber getrennte Wege gehen werden. Und zwar für immer. Das erfreut auch alle meine Freunde und Verwandten, denn sie haben ab sofort ein frisches, und damit meine ich nicht ofenfrisches (diesen dummen Scherz musste ich mir erlauben), entspanntes, glückliches und kreativeres Ich zurück. Und das Beste: Ich habe sogar wieder Zeit! Und weil ich jetzt so viel Zeit habe und so viel überschüssige Energie, will ich sie und das kleine Bisschen Frustration welches, angesichts der unangemessen langen Zeit die ich im besagten Unternehmen verbrachte, noch in meiner Seele steckt, ein letztes Mal in einer unglaublich primitiven Weise loswerden. Das ist das Ergebnis.  


Jetzt geht es mir deutlich besser. Glaube ich. Hoffentlich werde ich wegen meiner waghalsigen Markennamen-Entfremdungen nicht ins Gefängnis gesteckt. InshaAllah.

Thursday 6 October 2011

Sehnsucht nach Gegenständlichkeit - "Gerhard Richter Painting"




"22.1.2000" (Firenze), übermalte Fotografie. Gegenstände teils
durch aufgetragene Farbe
abstrahiert.


Kürzlich lud mich ein Freund ein, in Begleitung mit seiner Mutter den gerade erschienenen Dokumentarfilm Gerhard Richter Painting über den Deutschen Künstler Gerhard Richter im Kino zu sehen. Dokumentarfilme sind einfach mein Ding. Ich liebe die Nähe zu den Figuren, die häufig zum Beispiel durch die Handführung der Kamera erzeugt wird. Ich liebe die Fülle an Informationen, die dem Zuschauer dargeboten wird. Insiderwissen und Intensivität: nichts könnte zufriedenstellender sein bei einer interessanten Thematik! 

Der Film zeigte größtenteils die Entstehung der abstrakten Bilder des Künstlers. Die abstrakten Gemälde sind riesig und so sind es auch die Malutensilien. Richter benutzt ausschließlich große, höchstwahrscheinlich für ihn aus Plastik und Holz eigens angefertigte, riesige Farbspachtel, mit denen er mühelos, meist zumindest, große Farbflächen erzeuget und diese ebenso geschickt wieder und immer wieder übermalt. Diesem Prozess des Übermalens wird ein beachtlicher Teil des 97-minütigen Films gewidmet. Langsam und innig zieht Richter den Spachtel über das Bild. Mal nimmt er kleinere, mal größere Veränderungen vor. Dabei verfolgt die Kamera konzentriert jede Bewegung des Künstlers und scheut dabei weder längere Stille noch überlegte Untätigkeit des Künstlers zu dokumentieren. Zeitweilig glaubt man regelrecht das "Rauschen der Stille" zu hören. 




"September" (2009). Schrecklich-schönes Bild.
Abstrahierter Fotorealismus.



Es ist etwas anderes, fertige Bilder zu betrachten und es ist etwas anderes, unfertige Bilder zu betrachten. Der Künstler sieht, behaupte ich, ein gewisses Ideal vor sich, eine Form, etwas, das es gilt zu erreichen oder zu erhaschen. Eine Stimmung, die es gilt zu erzeugen oder anzudeuten. Obwohl Gerhard Richter eben jenes in einem kurzen Interview zu seiner Arbeitsweise dementiert, glaube ich trotzdem daran. Meinem Verständnis und meiner Logik zufolge muss etwas Bestimmtes in seinem Handeln liegen. Die Inspiration zu einem Bild muss ja zwangsläufig existieren, bevor über das richtige Format oder die Farben nachgedacht wird. Was ist Inspiration sonst als eine Idee, der Drang das gewisse Etwas zu erreichen oder zu kreieren? Es ist ein Prozess, der seinen Lauf im Unterbewusstsein nimmt, ein höchstpersönlicher Werdegang. Und er wird nicht völlig mitgefühlt werden können oder ohne Weiteres nachvollziehbar sein. Manches bleibt gänzlich unklar. An dieser Stelle könnte der Film scheitern. Er versucht etwas, das eigentlich unmöglich ist. Er versucht den Zuschauer etwas erleben zu lassen, das er allein durch das Zuschauen nicht erleben kann. Es werden weder erzählerische Mittel eingesetzt noch gibt es Kommentare, was die Geduld des Zuschauers auf die Probe stellt. 

Ab und zu werden jedoch auch ältere Werke Gerhard Richters gezeigt, meist aber in einem Tempo, das einem die genauere Betrachtung unmöglich macht. Es handelt sich hierbei meist um die Schritte in der Planungsphase diverser Retrospektiven an deren Gestaltung Richter aktiv teilnimmt. Interessant ist die Beachtung und Bewunderung, auf die Richter im Ausland stößt. Ob New York, London oder Paris: Er ist ein hoch angesehener Schaffender. Als stilistisch eher irritierend aber doch sehr erfrischend empfand ich die Rückblicke, die einem durch alte Interviews und Fernsehdokumente gewährt wurden. Seine Geschichte als Flüchtling aus der DDR und die Notwendigkeit, mit der er seiner Berufung in den Westen folgte, werden vermittelt. Höchst eindrucksvoll. 



"Abstract Painting" (2009). Entspricht der im
Film gezeigten abstrakten Kunst.


Im Großen und Ganzen ist es ein etwas langwieriger Film geworden. Auch erfahrene Dokumentarfilm-schauer werden an ihre Grenzen geführt. Fairerweise möchte ich eingestehen, dass ich abstrakte Kunst noch nie wirklich gemocht habe. Und doch haben Richter und unter anderem Mondrian mir gezeigt, wie schön abstrahierte Gegenständlichkeit sein kann. Abstrahierte Gegenständlichkeit also. Angesichts der wahrhaftig abstrakten Phase Richters bleibt zu befürchten, dass ihm die Gegenständlichkeit ebenso verloren gehen könnte wie sie Mondrian verloren ging. 

Vielleicht befasst der Film sich einfach mit einer Richtung, die mir als nicht allzu ästhetisch erscheint. Besonders ungemütlich wird es mir bei der - Folgendes ist eine rein subjektive Sichtweise - näheren Betrachtung der ineinander greifenden Farben Gelb und Rot. Jene bewirken eine Schauer in mir welche ich zuletzt beim unfreiwilligen Aquarellfarben-malen in der Schule verspüren durfte. Allerdings sieht die Komposition von Weitem betrachtet fast aus wie der Effekt den eine überbelichtete Farbfotografie hervorruft, ein eigentlich recht prickelnder Gedanke - aber eben nur fast.

  

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